Samstag, 18. März 2017

Kettlebell Training Sinn und Unsinn Teil 1

Nach meinem Dafürhalten muss mit diesem unsinnigem Hype um die Kettlebell gründlich aufgeräumt werden. Anlass hierfür gibt mir ein Artikel in der März-Ausgabe der Zeitschrift „Muskel“.
Ich gebe die zwei Seiten des Herrn Dr. Sukopp nachfolgend wieder (bei der Erstellung der Abschrift habe ich mir nicht viel Mühe gemacht).


Ersteinmal ist richtig zu stellen, dass nur elf Übungen mit der Kettlebell dargestellt sind, statt der in der Überschrift benannten 12 Übungen. Das mag der eine oder andere Leser banal finden. Für mich ist es schlampige Darstellung der Thematik.

Das die Kettlebell Vorteile gegenüber einer Kurzhantel hat, ist nicht zu verkennen. So bedingt der außen liegenden Griff, dass der Massenschwerpunkt stets außerhalb der Hand liegt, was zusätzliche Arbeit für die Stabilisationsmuskeln bedeutet, um das Gewicht auszubalancieren. Der außen liegende Griff sorgt ferner für größere Fliehkräfte bei den Schwungübungen, wodurch selbst kleinere Gewichte eine hohe Massewirkung erzielen. Zudem lässt die Form einer Kettlebell ballistische (Schwung-)Übungen und einen dynamischen Handwechsel zu, die den Körper nicht nur in vielen Bewegungsebenen stabilisieren, sondern neben einem intensiven Trainingseffekt auf das Herz-Kreislauf-System auch ideal die Schnell- und Explosivkraft trainieren.

Ob allerdings zwingend alle Übungen die mit einer Kurz- oder Langhantel ausführbar sind nunmehr effizienter mit der Kettlebell auszuführen sind, ist zu hinterfragen.

1. Fangen wir an mit den Goblet-Kniebeugen

Ich will der Goblet-Kniebeuge nicht ihre Berechtigung absprechen. Nach meinem Dafürhalten ist diese Art der Ausführung dafür geeignet, den Bewegungsablauf der Kniebeuge sicher zu erlernen. Um mit dieser Kniebeuge dauerhaft einen Trainingsreiz in Richtung Muskelwachstum oder Kraftausdauer zu setzen, kann diese Übung nicht funktionieren. Dafür muss man sich nur die belasteten Muskeln näher anschauen. Um die Kettlebell zu halten, beansprucht man die Schultermuskulatur und vor allem den Bizeps. Wenn nunmehr diese Übung auf die Entwicklung der Oberschenkelmuskulatur abstellt, dürfte jedem Sportler klar sein, dass der deutlich kleinere Bizepsmuskel nicht soviel Gewicht aufnehmen und auf Dauer halten kann, als dass dies wirksam die Oberschenkelmuskulatur zusätzlich beansprucht. Dies gilt nach meinem Dafürhalten sowohl für die Kraft- als auch Ausdauerentwicklung.

Ich vertrete die Auffassung, dass die Frontkniebeuge mit der Langhantel, insbesondere in der Ausführung der Frontauflage mit gekreuzten Armen, deutliche Vorteile gegenüber der Goblet Kniebeuge aufweist. Der Bewegungsablauf ist bei der Frontkniebeuge genauso effektiv wie bei der Goblet Kniebeuge. Bei beiden Ausführungen kann man gleich tief beugen. Die Oberschenkelmuskulatur, der mittlere und große Gesäßmuskel werden maximal aktiviert und die Druckbelastung auf die Wirbelsäule verringert. Da bei der Goblet-Kniebeuge die Kettlebell deutlich vor dem Körper gehalten wird, bedingt diese Gewichtsbelastung einen deutlichen Zug nach vorne im Bereich des oberen Rückens. Damit muss im senkrechten Bewegungsablauf der Kniebeuge der nach vorne wirkende Zug auf den oberen Rücken ausgeglichen werden. Dem gegenüber liegt die Langhantel bei der Frontkniebeuge dichter an der Wirbelsäule, was diesen Zug verhindert. Zudem liegt kein Druck von oben auf der Wirbelsäule wie bei der Kniebeuge mit Auflage der Langhantel auf dem Rücken.

Weiterhin ergibt sich ein technisches Problem spätestens in dem Moment, wo sie mit der Frontkniebeuge 60 kg und mehr schaffen. Versuchen sie mal eine Kettlebell in dieser Gewichtsklasse und mehr zu kaufen. Wie zudem bereits ausgeführt, müssten sie dann dieses Gewicht mit ihrem Bizeps halten.

2. Kettlebell-Liegestütz
 

Dieses Thema kann ganz schnell abgewickelt werden. Führen sie diese Art aus und spätestens nach fünf bis acht Liegestütz wissen sie um das Problem. Ihnen werden die Handflächen weh tun durch den Druck auf die runde Oberfläche der Kettlebell. Worin also im Vergleich zu einem Liegestütz mit eng aneinander gestellten Händen (Diamantliegestütz) auf geradem Fußboden der Vorteil eines Kettlebell-Liegestütz liegen soll, in Bezug auf die beanspruchte Muskulatur, ist nicht zu erschließen. Zudem bedingt der Kettlebell-Liegestütz ein zusätzliches Verletzungsrisiko, weil man von der Kettlebell abrutschen kann. Wenn man unbedingt einen Liegestütz in dieser Art ausführen will, sollte hierzu ein kleiner Medizinball genommen werden.

3. Rudern in der Standwaage

Mit dieser Übung will ich mich nicht weiter beschäftigen. Welchen Sinn soll diese Übung machen, indem man sich in eine instabile Position begibt, um dann die Rückenmuskulatur trainieren zu wollen. Wer Zirkusartist werden will und daher die Balance schulen muss, mag sich mit dieser Übung befassen.

4. vorgebeugtes Rudern, Ausfallschritt, einarmiges Schulterdrücken, Seitwärtsgang und Ausfallschritt Step-Up Kombi

Diese Übungen habe ich zusammengefasst in einem Thema und zwar in die Fragestellung: Warum soll ich diese Übungen mit einer Kettlebell ausführen, statt mit einer Kurzhantel?

Vielleicht liest Herr Dr. Sukopp diesen Artikel und gibt mir die Hinweise, warum diese Übungen bei Ausführung mit der Kettlebell die Muskulatur besser ansprechen sollen als mit einer Kurzhantel. Mir erschließt sich hierzu kein Ansatz


Zudem kann ich mich hier nur wiederholen. Ich kann einarmiges Rudern mit einer 65 kg Kurzhantel ausführen. Leider habe ich bisher keine Kettlebell in dieser Gewichtsklasse als käuflich erwerbbar gefunden.