Freitag, 1. Dezember 2017

Aerobes Training zur Fettverbrennung kritisch betrachtet

Trotz besseren Wissens ist es immer noch eine weit verbreitete Praxis Athleten zu empfehlen, wenn sie Fett abbauen wollen, hat dies über ein anaerobes Training im sogenannten Fettverbrennungsbereich zu erfolgen. 
 
Die Standardempfehlung lautet, dass man zusätzlich zum Krafttraining 45-60 min mit einem Fettverbrennungspuls von ca. 120 bis 130 Schlägen pro Minute auf dem Ergometer, Stepper oder Laufband arbeiten soll. Die lange Dauer komme dadurch zustande. dass der Körper erst nach etwa 15 min Ausdauertraining die Fettverbrennungszone erreiche, also erst dann effektiv Körperfett verbrannt werde. Würde man mit einer höheren Pulsfrequenz trainieren, so würde man kein Körperfett mehr verbrennen, sondern ein Konditionstraining betreiben, bei dem man eher Muskelmasse verliere. Zusätzlich hätte das Training im Fettverbrennungsbereich den Vorteil, dass man direkt Körperfettdepots abbaut und dabei keine Diät halten müsse.

Macht diese Vorgabe wirklich so Sinn?

Mythos Fettverbrennungspuls

Jede Art von körperlicher Belastung benötigt Energie. Diese wird sowohl durch die Verbrennung von Glucose aus den muskulären Glykogenspeichern, als auch durch die Verbrennung von Fetten bereitgestellt. Beide Arten der Energiegewinnung sind, parallel zu sehen, lediglich der jeweilige prozentuale Anteil ist unterschiedlich, abhängig vom Belastungsgrad. Die weitverbreitete Meinung, dass beim Training im Fettverbrennungsbereich die Energie lediglich aus Fett gewonnen wird, ist also ein Irrglaube; Es gibt hier kein entweder oder, sondern nur ein sowohl als auch also ein Miteinander.

Im Fettverbrennungsbereich ist allerdings das Verhältnis von verbrannter Energie aus Fetten zur Energie aus Glukose am besten. Steigert man nun die Belastung so wird dieses Verhältnis zwar ungünstiger, es wird aber trotzdem noch mehr Energie in Form von Fetten verbrannt. Dieses liegt daran, dass zwar prozentual gesehen weniger Fett verbrannt wird, der Gesamtverbrauch an Energie aber steigt, wodurch sich ebenfalls die absolute Menge verbrannter Fette erhöht. Wie später noch aufgezeigt wird, ist die Menge, an verbranntem Fett aber nicht gleichzusetzen mit dem Abbau von Körperfett.

Beides sind zwei unterschiedliche Mechanismen im Körper.

Ein weiterer Mythos ist, dass die Fettverbrennung erst nach etwa 15 oder 30 Minuten beginnt, also vorher die verbrauchte Energie lediglich aus den muskulären Glykogenspeichern gewonnen wird, die dafür erst geleert werden müssten. Dieses ist so nicht richtig. Die Art der Energiebereitstellung wird fast vollständig von der Intensität der körperlichen Belastung bestimmt, nicht von ihrer Dauer.

Das bedeutet, dass sowohl bei niedriger als auch bei hoher Trainingsintensität die Energie von Anfang an sowohl aus den Glykogenspeichern als auch aus Fetten gewonnen wird. Letztere werden dabei nicht nur aus dem Fettgewebe bezogen, sondern auch aus den muskulären Fettspeichern.

Fettverbrennung ist nicht gleich Fettabbau. Leider werden in der Regel die Begriffe Fettverbrennung und Fettabbau gleichgesetzt. Ersteres beschreibt aber lediglich die Art und Weise, wie Energie für die körperliche Aktivität bereitgestellt wird, während letzterer Begriff die Verminderung von Körperfettdepots meint. Körperfettdepot werden dann abgebaut, wenn die Energiebilanz des Körpers negativ ausfällt, d.h. dass man weniger Energie zuführt, als man verbraucht. Das Energiedefizit gleicht der Körper dadurch aus, dass er die noch benötigte Energie aus dem Fettgewebe holt.

Will man also Körperfett verlieren, so ist nicht entscheidend, ob man in einem Fettverbrennungsbereich trainiert, sondern lediglich eine negative Energiebilanz erreicht. Ob man diese nun dadurch herbeiführt, dass man ein zusätzliches aerobes Training betreibt aber die Kalorienzufuhr konstant hält, oder einfach die Kalorienzufuhr vermindert und das Training unverändert lässt, ist in diesem Fall absolut irrelevant.

Das Training im Fettverbrennungsbereich zur Optimierung des Fettstoffwechsels ist eher für einen Ausdauersportler interessant, da dieser dadurch seine aerobe Kapazität, d.h. Ausdauerleistungsfähigkeit verbessern kann. Ein Fettabbau wird bei diesen Sportlern aber nicht angestrebt. Der Nichtausdauersportler hat aber oft nicht den nötigen Trainingszustand, um eine solche lange Belastung effektiv durchhalten zu können. Für ihn ist es wesentlich effektiver die Intensität höher zu wählen, da so der Energieverbrauch größer ist, statt 45 min im Fettverbrennungsbereich zu trainieren. Dies hat auch noch den Vorteil, dass damit die kurzfristige Ausdauerleistung, die man z.B. fürs Krafttraining benötigt, gesteigert wird, wodurch man dort wiederum zügiger trainieren kann. Noch effektiver wäre hier allerdings ein lntervalltraining.

Für einen Nichtausdauersportler sollte also die Belastungsintensität über dem Fettverbrennungsbereich liegen. Die Intensität wird dabei gewöhnlich durch die Herzfrequenz bestimmt werden. Nur, jeder Mensch hat eine individuelle Belastungskurve und somit einen anderen Maximalpuls. Ist für den einen ein Belastungspuls von 160 eine intensive Belastung, so ist diese für einen anderen vielleicht schon wieder weniger intensiv. Allgemeine Regeln, wie man sie immer wieder empfohlen bekommt, sind hier völlig ungeeignet. Ebenso zeigt sich hier, dass das heute in vielen Studios angebotene Fettverbrennungstraining in der Gruppe völlig ineffektiv ist, da hier für alle Personen eine gleiche Pulsfrequenz angestrebt wird, bei der der Eine dann unter, der Andere Überfordert ist.

Eine optimale Belastungsherzfrequenz kann im Prinzip nur von einem Sportarzt bestimmt werden.

Egal, ob man das Energiedefizit durch Verminderung der Kalorienzufuhr erreichen will oder durch ein zusätzliches aerobes Training, man sollte kein zu drastisches Energiedefizit herbeiführen, da der Abbau von Körperfett ein langsamer Prozess ist.

Bringt man den Körper in ein zu großes Energiedefizit, so kann er nicht schnell genug ausreichend Energie aus den Fettdepots zur Verfügung stellen, sondern muss auch auf die Energiebereitstellung durch den. Abbau von Muskelmasse ausweichen. Diesem sollte zwar durch ein zusätzliches Krafttraining entgegengewirkt werden, bei einem zu großen Defizit ist das allerdings nicht mehr möglich.

Übrigens ist die Menge verbrannter Energie beim aeroben Training verhältnismäßig gering. Ein einfaches Beispiel belegt dies: Ein Kiloramm Körperfett besteht aus 7000 kcal, wo hingegen im Nahrungsfett 9000 kcal gebunden sind). Nehmen wir an, ein Sportler betreibt ein aerobes Training, bei dem er etwa 600 kcal in der Stunde verbraucht. Um somit ein Kilogramm Körperfett zu verlieren, muss er folglich knapp 12 Stunden trainieren. Dieses Rechenbeispiel wäre so gesehen natürlich fatal, da eine Körperfettreduktion nur unter größten Anstrengungen möglich wäre. In der Realität sieht es vielmehr so aus, dass der größte Anteil zusätzlich verbrauchter Energie nicht während der Belastung an sich bereitgestellt wird, sondern vielmehr in der Zeit nach der Belastung. Es handelt sich hierbei um den sogenannten Nachbrenneffekt. Dieser Nachbrenneffekt wird jedoch nicht durch aerobes Training erzielt, sondern vielmehr durch Krafttraining. Wird also aerobes Training zusätzlich zum Krafttraining ausgeführt, so wird der Nachbrenneffekt dadurch nicht größer.

Krafttraining ist in der Regel sogar effektiver um Körperfett abzubauen. Das liegt daran, dass der Körper in der Ruheperiode seine Energie fast ausschließlich aus Fetten bezieht. Die Menge verbrannter Kalorien in Ruhe (also beim Schlaf) wird durch den sogenannten Grundumsatz bestimmt.

Aber man kann dem Verständnis des Grundumsatzes wie folgt beikommen. Ein Kilogramm Muskeln verbrennt am Tag zwischen 60 bis 100 kcal im Ruhezustand. Das hängt vor allem von der Dichte des Muskels ab. Wenn man nun weiß, dass der Muskel seine Energie im Ruhezustand fast ausschließlich aus Fett bezieht, ist es doch logisch, seine Muskelmasse zu erhöhen.

Zusätzlich zum Grundumsatz ist natürlich noch der Leistungsumsatz zu rechnen, der von der körperlichen Aktivität bestimmt wird. Auf die Wiedergabe irgend einer Berechnungsformel für die Ermittlung des Grundumsatzes wird hier verzichtet. Alle Formel können nur als Richtwert dienen. Hierbei wird völlig vernachlässigt in wie weit dieses Körpergewicht aus Fett oder Muskelmasse besteht. Auch hierzu kann nur empfohlen werden, sich an einen Sportarzt zu wenden.

Muskel verbrennen in Ruhe ein vielfaches mehr an Kalorien als Körperfett, wodurch ein Mensch mit viel Muskelmasse einen deutlich höheren Grundumsatz besitzt. Aus diesem Grunde ist Krafttraining auch effektiver zum Fettabbau als aerobes Training, da durch ersteres die Muskelmasse der Körpers gesteigert wurde und somit zusätzlich zum Leistungsumsatz auch der Grundumsatz dauerhaft gesteigert wird.

Aerobes Training für Diätgeschädigte

Natürlich kann aerobes Training in einer Diät durchaus seinen Platz haben. Insbesondere körperlich inaktive Menschen haben oft einen so schlechten Grundumsatz, dass seine Steigerung durch Krafttraining ein sehr langwieriger Prozess wäre. Hier kann es durchaus sinnvoll sein, zusätzlich zum Krafttraining den Energieverbrauch durch aerobes Training zu forcieren. Gleiches gilt für Personen, die im heute allgemeinen Wahn mit Crashdiäten ihren Stoffwechsel soweit ruiniert haben, dass bereits der Verzehr von 2 Brötchen zur Zunahme von Körperfett führt. ln diesem Fall kann die Zielsetzung nur die sein, dass man auf der einen Seite versucht den Grundumsatz durch den Aufbau von Muskelmasse zu erhöhen, um auf diese Weise den Stoffwechsel langfristig wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Auf der anderen Seite wird den Körperfettdepots durch zusätzliches aerobes Training zu Leibe gerückt. Gerade für diesen Personenkreis ist aber ein aerobes Training mit niedriger Intensität nicht zu empfehlen da der Energieverbrauch einfach zu gering ist; Trainingseinheiten von 30—45 min die immer wieder in den Studios favorisiert werden führen garantiert nicht zum Erfolg. Hier sollte vielmehr die Intensität erhöht werden, um ein größeres Energiedefizit zu erreichen.

Betreibt ein Athlet aerobes Training hingegen im Rahmen einer kontrollierten Diät, um gespeichertes Körperfett zu verlieren. so ist die Gefahr sehr groß. dass er ins Übertraining gerät. Um in einer Diät die Muskelmasse zu halten, sollte mit der gleichen Intensität trainiert werden, die man auch zum Aufbau eingesetzt hat. Im Idealfall beträgt diese Intensität 100 Prozent. Betreibt man zusätzlich ein aerobes Training, so muss man dieses natürlich auch bei der Trainingsintensität berücksichtigen. Leicht kann man hierbei die Intensität des bisherigen Trainingsumfanges überschreiten. Vor allem im Zusammenhang mit einer Kalorienreduktion kann dies dann sehr schnell zum Übertraining führen. Das bedeutet in einer Diätphase aber nicht wie üblich Stagnation, sondern hier wird effektiv die Leistungsfähigkeit geringer, wodurch die Muskelmasse abnimmt. Man baut also nicht nur Körperfett ab, sondern zusätzlich auch Muskeln.

Um dieses Übertraining zu vermeiden, sollte man den Umfang des Krafttrainings reduzieren. Wenn der Umfang des Krafttraining bisher optimal war, um die Muskelmasse zu halten bzw. aufzubauen, dann führt eine Reduktion von selbigem natürlich zu einem geringeren Trainingsanreiz und somit zu einem möglichen Verlust von Muskelmasse. Man muss sich stets darüber im klaren sein, dass zusätzlich zum Krafttraining ausgeführtes aerobes Training immer eine Gratwanderung mit dem Abbau von Muskelmasse darstellt.

Weiterhin kommt hinzu, dass beim aeroben Training auf Stepper, Ergometer oder Laufband in erster Linie die Beinmuskulatur gefordert wird. Wird die Belastungsintensität nun zu groß und kommt der Körper ins Übertraining, so baut er folglich besonders an den Beinen Muskelmasse ab.

Athleten die Probleme mit ihrer Beinentwicklung haben, sollten folglich aerobes Training zum Fettabbau nur sehr vorsichtig einsetzen und auf eventuelle Symptome eines Übertrainings sofort reagieren.

Außerdem ist es ratsam, die Diät und die Erhöhung des aeroben Trainings nicht zeitgleich zu beginnen.

Beispiel 1 Puls um 120 -130 / min:

Der Athlet 1 absolviert regelmäßig ein 60-minütige Ausdauertraining auf einem Ergometer. Hierbei hält sie sich mit 120 bis 130 Schlägen pro Minute genau an den "Fettverbrennungspuls".

Der Puls von 120 -130 /min entspricht in etwa 60 % der maximalen Herzfrequenz. Bei dieser Belastung nutzt ihr Körper ca. 80 % der benötigten Energie aus der Fettverbrennung und 20 % aus der Verbrennung von Glukose, sprich Kohlenhydraten. Der Kalorienverbrauch liegt bei ca. 8 kcal pro Minute.

Energieverbrauch = 60 min x 8 kcal/min = 480 kcal

Fett-Anteil = 80 % von 480 kcal = 384 kcal

Fettverbrauch = 384 kcal : 9,3 kcal/g = 41 g Fett

Somit hat der Athlet 1 in einer Stunde etwa 41 g Fett verbrannt.
 
Beispiel 2 Puls von 150 / min:

Der Athlet 2 trainiert mit einem Puls von 150 Schlägen pro Minute liegen. Dies entspricht 80 % der maximalen Herzfrequenz. Bei dieser Intensität bezieht der Organismus ca. 50 % der benötigten Energie in Form von Fettsäuren und 50 % durch die Kohlenhydratverbrennung. Der Energieverbrauch liegt bei ca. 18 kcal pro Minute.

Energieverbrauch = 60 min x 18 kcal/min = 1080 kcal

Fett-Anteil = 50 % von 1080 kcal = 540 kcal

Fettverbrauch = 540 kcal : 9,3 kcal/g = 58 g Fett

Der Athlet 2 hat in einer Stunde etwa 58 g Fett verbrannt.

Im Ergebnis bräuchte also der Athlet 2 nur 42 min aerob zu trainieren, um auf dieselbe Energiebilanz zu gelangen.