Samstag, 11. Februar 2017

Die Kadenz oder wie setze ich den richtigen Takt bei der Wiederholung


Die Bestimmung einer bestimmten Wiederholungszahl ist sicherlich nach wie vor gebräuchlich. Ich würde die hierbei allgemein gegebenen Vorgaben von 3- 5 Wiederholungen für Maximalkrafttraining, 8 -12 Wiederholungen für Muskelvolumisierung und Kraftausdauer und ab 20 Wiederholungen für Muskelausdauer nicht einfach über den Haufen werfen. Allerdings bieten diese Vorgaben insoweit keine verlässlichen Angaben, weil zehn schnelle Wiederholungen gänzlich anders zu bewerten sind als zehn langsame Wiederholungen! Demzufolge ist der bestimmende Faktor die Zeit, in welcher eine bestimmte Anzahl von Wiederholungen realisiert werden kann. Hierbei ist die Satzzeit nach der Energiegewinnung unterschieden:


1. Satzzeit 5-30 Sekunden mit vorwiegender Energiegewinnung durch Phosphatspeichernutzung, auch Maximalkraft genannt.

2. Satzzeit 30-120 Sekunden mit vorwiegender Energiegewinnung aus der Verbrennung von Kohlenhydraten. Dieser Intensitätsbereich wird auch als Kraftausdauerbereich bezeichnet.

3. Satzzeit über 120 Sekunden mit vermehrt aerober Energiegewinnung durch die Verbrennung von Pyruvat und Fettsäuren. Dies wird als lokale Muskelausdauer definiert.

1. Die ideale Kadenz

Aus den vorangestellten Aussagen kann man ersehen, dass, je nachdem was man als Trainingsziel anstrebt, es auf die Satzzeit ankommt. Die Satzzeit ist damit das Produkt aus Anzahl der Wiederholungen mal Wiederholungsgeschwindigkeit = Kadenz genannt. Daher sollte man auf jeden Fall seine Kadenz standardisieren. Hierbei würde ich, entgegen der viel zu oft propagierten langsamen kontrollierten Bewegung zu verschiedenen Bewegungsmustern raten.

1.1. Die langsame Bewegung

Als langsame Kadenz wird ein Zeitablauf von positiv fünf Sekunden und negativ von fünf Sekunden (5-5 Sekundenprinzip) angesetzt. Das ist wahrscheinlich eine wesentlich langsamere Zeitvorgabe als es die meisten Athleten in der jetzigen Praxis ausführen.

Eine langsame Kadenz hat folgenden Vorteil.

Gewichte haben eine Masse wie jeder Körper im Universum und jede Masse, welche beschleunigt wird, entwickelt eine Massenträgheitskraft.

Nehmen wir als Beispiel den Langhantelcurl. Die wohl schwierigste Phase beim Langhantelcurl ist diese, in welcher die Unterarme rechtwinkelig zu den Oberarmen stehen. Viele Athleten holen in der positiven Bewegungsphase ordentlich Schwung, damit sie das Gewicht über diesen schweren Punkt hinweg bekommen. Doch damit schaden sich die Athleten: Zum Einen belastet es unnötig Sehnen, Bänder und Gelenke und zum Anderen reduziert es ungewollt die eigentliche Trainingsintensität, welche ja zur Aufgabe hat, die Muskeln zum Wachstum zu stimulieren. Bedingt durch die Massenträgheitskraft des Gewichtes wird der Muskel in seiner Arbeit entlastet, dies muss zwangsläufig nicht immer deutlich spürbar sein, schon kleine Entlastungen im zehntel Sekundenbereich reduziert die Muskelspannung deutlich und somit auch den Stimulus. Das Einhalten einer sauberen Technik in Verbindung mit einer Kadenz von mindestens 5-5 Sekunden ist der beste Schutz vor Trainingsverletzungen und bedingt gleichzeitig eine hohe Intensität.

1.2 Explosive Muskelkontraktionen

Wiederholungen können jedoch nicht nur bewusst langsam, sondern auch so schnell wie möglich ausgeführt werden. Die Muskulatur muss also maximal aktiviert werden, damit die Muskeln stimuliert und beim Krafttraining maximale Kraftgewinne erzielt werden. Explosive Muskelkontraktionen bewirken, dass sehr schnell Kraft erzeugt wird, die motorischen Einheiten schneller abgerufen werden und die Rekrutierungsschwelle der motorischen Einheiten gesenkt wird.

Explosive Muskelkontraktionen führen zu einer besseren Muskelaktivierung. Um eine explosive Bewegung ausführen zu können, muss die äußere Belastung verringert werden, während andererseits eine relativ große äußere Kraft notwendig ist, um maximale Kraftanpassungen zu erreichen.

Bei speziellen Trainingszielen muss die Bewegungsgeschwindigkeit daher angepasst werden:

Für den Muskelaufbau wird empfohlen eine 1-0-2 oder 2-0-2 Kadenz, um den Muskel auszulasten.

Für die Explosivkraft wird empfohlen eine MAX-0-1 Kadenz, damit der Muskel möglichst schnell viel Kraft zu entwickeln.

Für alle anderen Trainingsziele ist die genannte 1-0-1 Kadenz als optimal zu empfehlen.

2. Die ideale Pausenzeit

Auch die Pausenzeit sollte man standardisieren. Die Pausenzeit hat einen erheblichen Einfluss auf den eigentlichen Trainingsreiz. Je nach Belastungsintensität und Pausenzeit wird ein gänzlich anderer Energiepfad stimuliert. So kann zum Beispiel ein Maximalkrafttraining mit zu kurzen Pausenzeiten schnell in ein Kraftausdauertraining abgleiten.

Aufgrund dieser Erkenntnisse haben sich folgende Pausenzeiten zwischen den Sätzen bewährt:

Intensität Satzzeit in Sekunden Pausenzeit in Minuten

Maximalkrafttraining 10-30 Sekunden 4-7 Minuten

Kraftausdauertraining 30-120 Sekunden 2-4 Minuten

Muskelausdauer Größer als 120 Sekunden Kleiner als 15 Sekunden

3. Die ideale Trainingsdauer

Viele Athleten trainieren mehrmals in der Woche bis zu zwei Stunden und reiten auf Ihren Muskeln herum, als wäre es ihre Lebensaufgabe den Muskel wie ihren Erzfeind zu zerstören. Ich pflege dafür immer einen schönen Satz. Manche Athleten trainieren nur noch auf ihren Knochen rum und merken gar nicht, dass die Muskeln schon nach Hause gegangen sind.

Da es ein Ideal an Ermüdungsgrad gibt stimuliert ein mehr an Ermüdung nicht mehr Muskelwachstum. Vielmehr wird lediglich die Regenerationszeit dramatisch ansteigen. Bei einem Training mit höherer Intensität steigen schon nach 30 Minuten Belastungsdauer, Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und auch die Blutamoniakwerte drastisch an. Daher gilt es als Ideal die Trainingszeit bei hoch intensiven Belastungen wie dem Bodybuilding oder Crossfit auf maximal 45 Minuten, zu beschränken.

Wenn Sie jetzt denken, Sie könnten in dieser Zeit nicht intensiv trainieren, seien sie herzlich bei mir eingeladen zu einer Trainingseinheit.

4. Der Erschöpfungsgrad

Man kann jetzt mit wissenschaftlicher Akribie den Erschöpfungsgrad ausloten oder den Vorgaben von wissenschaftlichen Studien folgen, die diesen auf 60 % festlegen. Die letztgenannte Methode der Feststellung des Erschöpfungsgrades von 60 % halte ich schon deshalb für den nicht im Profibereich trainierenden Athleten problematisch, weil er dann jede einzelne Übung berechnen müsste. Damit wäre man nur am Rechnen, weil man sich dem Trainingsfortschritt oder auch der Tagesform anpassen muss. Zudem müsste man faktisch drei Berechnungen für jede Übung ausführen, je nachdem ob man auf Muskelwachstum, Schnellkraft oder Kraftausdauer trainiert.

Ich bediene mich hier eines einfacheren Musters. Zum einen bin ich ein Verfechter eines Aufwärmsatzes und zudem favorisiere ich das Drei-Satz-Prinzip. Den Aufwärmsatz führe ich in der Kadenz aus, wie ich die restlichen drei Sätze der Übung ausführen will. Dabei wähle ich ein Gewicht mit dem ich zwischen 15 bis 20 Wiederholungen ausführen kann. Ich denke, dass man eine solche Vorgabe sicherlich für sich selbst feststellen kann. Wenn ich jetzt merke ich kann mehr Wiederholungen leisten, mache ich weiter bis ich mich so erschöpft fühle, dass ich für die nächste Wiederholung Hilfe brauche.

Dann rechne ich zu dem benutztem Gewicht die Anzahl der Wiederholungen dazu und nutze dieses Gewicht als Ausgangspunkt für den ersten Satz;

z.B. Aufwärmsatz Bankdrücken 60 kg und ausgeführt 20 Wiederholungen ergibt für den 1. Satz 80 kg.

Da ich ungefähr weiß mit welchem Gewicht ich je nach ausgeführter Kadenz arbeiten muss, bekomme ich damit keine Schwierigkeiten. Zudem kann ich mich damit meiner Tagesform besser anpassen. Wenn Sie jetzt Fragen, wieviel Wiederholungen ich dann umsetze, sage ich Ihnen, dass es mich nicht interessiert. Ich mache im ersten Satz so viele wie ich kann. Der Unterschied kommt dann mit der Regulierung der Pausenzeit, je nachdem welche Zielsetzung ich in die Übung gebe.

Je nach gesetzter Kadenz erfolgt die Anpassung des zweiten und dritten Satzes.