Montag, 20. November 2017

Crossfit und Intensitätstechniken aus dem Bodybuilding – Teil II

Ist in Teil I die Problemlage erörtert worden, soll es nunmehr darum gehen im Detail die Umsetzung zu erörtern. Welche Intensitätstechniken könnten im Crossfit zur Anwendung gelangen. 

1: Prinzip der progressiven Überlastung

Um Trainingsfortschritte in Bezug auf Muskel- und Kraftaufbau sowie Ausdauer zu erzielen, muss die Muskulatur im Training intensiver belastet werden als üblich, dies wird als Superkompensation bezeichnet. Daher muss die Muskulatur und das Herz- und Kreislaufsystem progressiv (zunehmend) überlastet werden.

Um Kraft zu entwickeln, müssen immer höhere Gewichte bewältigt werden. Um einen Muskelaufbau zu bewirken muss die Anzahl der Trainingssätze und der Trainingseinheiten mit zunehmender Trainingsdauer gesteigert werden. Muskuläre Ausdauer wird erreicht, indem man zwischen den Sätzen die Erholungsphasen immer mehr verringert oder, wenn man mit immer mehr Wiederholungen bzw. Sätzen trainiert.
Wie könnte hierzu ein Trainingsplan im Crossfit aussehen.

Standard WOD „Barbara“: 
  • 20 Pull-ups (Klimmzüge)
  • 30 Push-ups (Liegestütze)
  • 40 Sit-ups
  • 50 Squats (Kniebeugen)
Ausführung: 5 Runden - die einzelnen Übungen mit den vorgegebenen Wiederholungen pro Runde absolvieren. Zwischen jeder Runde erfolgt eine Pause von 3 Minuten.

Hier hätte man mehre Möglichkeiten eine progressive Überlastung zu erreichen.  

  • Pausenzeit verringern z.B. pro Runde um 30 Sekunden kürzen
  • Anzahl der Wiederholungen in der selben Zeit erhöhen z.B. das Programm wurde in 20 min absolviert, sodass beim nächsten Training in der selben Zeit pro Übung eine Wiederholung mehr gemacht wird
  • Zusatzgewicht z.B. mit Gewichtsweste trainieren
  • Die Art der Ausführung der Übung ändern. z.B. statt Pull-ups werden Strict Pull-ups oder statt Push-ups werden Spiderman Push-ups absolviert.
2: Prinzip der Satz-Systeme 

Das Training wird mit mehreren Sätzen einer Übung ausgeführt, um jede Muskelgruppe vollständig zu ermüden.

Um auf das Beispiel vom WOD Barbara zurückzugreifen würde man wie folgt trainieren.

5 Runden Pull-ups hintereinander je Anzahl der Wiederholungen, gefolgt von 5 Runden Push-ups, 5 Runden Sit-ups und 5 Runden Squats. 

3: Prinzip des Isolationstraining 

Alle Muskeln sind mehr oder weniger stark an allen Bewegungen beteiligt, und zwar als Stabilisatoren, als Agonisten, als Antagonisten oder als Synergisten. Wenn ein bestimmter Muskel aufgebaut werden soll, muss er möglichst isoliert von anderen Muskeln belastet werden.

Die Umsetzung dieses Prinzips scheint sich im ersten Moment mit der Philosophie von Crossfit nicht in Einklang zu bringen.

Wir nehmen wieder unser Programm Barbara. Was spricht dagegen den Teil der Liegestütze durch eine Isolationsübung wie fliegende Bewegung mit Dumbells zu ersetzen. Oder statt der Kniebeuge wird Beinstrecken ausgeführt.

Ein sehr interessanter Ansatz ergibt sich, wenn man die Isolationsübung dem WOD vorschaltet. Also auf unser Programm Barbara in Anwendung gebracht, könnte man mit folgender Ausführung trainieren. Als Isolationsübung wird fliegende Bewegung mit drei Sätzen vorangestellt und dann folgt das WOD Barbara. Damit wird mit dieser Ausführung wert auf die Entwicklung der Brustmuskulatur gelegt. 

4: Pyramidenprinzip 

Niemand beginnt sein Training mit dem Maximalgewicht. Ohne eine Aufwärmphase schwere Gewichte zu bewegen, würde das Risiko einer Verletzung deutlich erhöhen. Das Pyramidenprinzip wurde entwickelt, um hier Abhilfe zu schaffen. Jede Übung beginnt mit etwa 60 Prozent des maximalen Gewichts, das mit einer einzigen Wiederholung bewältigt werden könnte. Die Wiederholungszahl liegt bei diesem relativ leichtem Gewicht bei 15 Wiederholungen. Danach wird mehr Gewicht aufgelegt und die Wiederholungszahl auf zehn bis zwölf minimiert. Anschließend wird das Gewicht auf etwa 80 Prozent des Maximums gesteigert; es folgen fünf bis sechs Wiederholungen.

Man kann aber auch das Pyramidentraining umgekehrt einsetzen. Hierzu fängt man mit wenig Wiederholungen an und erhöht dann pro Satz die Anzahl der Wiederholungen. Bei dieser Ausrichtung arbeitet man faktisch mit einer Vorermüdung.

Somit ist dieses Prinzip im Crossfit eingesetzt differenzierter zu betrachten. Dieses Prinzip auf das WOD Barbara angewandt, würde hier folgende Möglichkeit eröffnen. Die Squats werden als Back- oder Frontsquats mit Zusatzgewicht ausgeführt. Dabei wird entsprechend der Zielsetzung die Pyramide aufgestellt. 

5: Split-Prinzip 

Dieses Prinzip ist im Crossfit zwingend, soweit jemand mehr als zweimal die Woche trainiert. Dabei kann von zwei grundlegenden Überlegungen ausgehen. Entweder man trennt das Training nach Körperpartien oder nach Muskelgruppen auf.

Üblich wäre eine Aufteilung der Körperpartien in Unter- und Oberkörper. Würde man nach Muskelgruppen aufteilen, dann könnte man im Sinne der Antagonisten trainieren, wie Brust- und Rückenmuskeln oder Bizeps und Trizeps oder Bauch und unterer Rücken. Oder man trainiert einen großen Muskel mit einem kleinen Muskel oder man trainiert von oben nach unten bzw. von unten nach oben durch den Körper.

Wenn man jetzt auf das Beispiel Barbara abstellt, dann besteht das Problem, dass bei diesem Programm bereits alle Hauptmuskeln trainiert werden. Somit ergäbe sich bei einem Splitsatz die Möglichkeit an einem Tag das WOD Barbara auszuführen und dann als Ergänzung am anderen Tag die Arme trainieren. So wäre beispielsweise ein Lauf-WOD kombiniert mit einem Armtraining durchaus als Splitprogramm anzudenken. 

6: Prinzip der Supersätze 

Dieses Prinzip, welches auf das Training der Antagonisten in einem Satz abzielt, dürfte im Crossfit wenig Anwendung finden. Man könnte hier an solch eine Kombination eines WOD für die Brust- und Rückenmuskeln denken. So wäre ein WOD bestehend ausschließlich aus Pull-ups und Push-ups als Umsetzung dieses Prinzips zu verstehen. 

7: Prinzip der Verbundsätze 

Unter Verbundsätzen werden Supersätze für ein und denselben Körperteil verstanden. In diesem Fall geht es nicht um wirksamere Regeneration. Hier ist der Pumpeffekt in der Muskulatur das Ziel. Ein Verbundsatz für die Beine wäre z. B. ein WOD bestehend aus Sprints, jegliche Art von Squats und Boxjumps denkbar. 

8: Prinzip der Vorermüdung 

Eine Muskelgruppe wird über ihren primären Bewegungsspielraum bis zur Ermüdung belasten und unmittelbar anschließend mittels einer Grundübung über einen sekundären Bewegungsspielraum trainieren. Unser Beispiel Barbara: Der Quadrizeps wird mit Kreuzheben vorermüdet und dann werden die Air-Squats ausgeführt. Somit kommen dann zusammenwirkende Muskeln wie die Streckmuskeln des unteren Rückens und die Hüftgelenksflexoren stärker ins Spiel, so dass die vorderen Oberschenkelmuskeln noch stärker belastet werden.