Sonntag, 25. März 2018

Sojaprotein - Nein Danke!

Die Qualität und Wirksamkeit einer jeden einzelnen Proteinquelle steht und fällt mit deren biologischen Wertigkeit. Daran gibt es nichts zu rütteln. Die biologische Wertigkeit ist ein international anerkannter Maßstab, der aussagt, wie viel von einer über die Nahrung zugeführten Proteinmenge letztendlich vom Körper zur Stickstoffspeicherung und damit zum Muskelaufbau verwendet werden kann. Je höher die biologische Wertigkeit ist, desto besser kann unser Organismus dieses Protein verarbeiten und desto wirksamer ist es für das Muskelwachstum. Um die biologische Wertigkeit bestimmen zu können, hat die Wissenschaft das Vollei mit einem Wert von 100 als Referenzwert herangezogen. Das Einzelprotein mit der höchsten biologischen Wertigkeit ist Laktalbumin mit einem Wert von 104. Durch eine geschickte Kombination verschiedener Proteinquellen lässt sich dieser Wert sogar noch steigern. Ein gutes Dreikomponentenproteinpulver aus Laktalbumin, Milchproteincaseinat und Eialbumin (Eiklar) kann z.B. die biologische Wertigkeit von 124 erreichen.

Übersicht – biologische Wertigkeit
  • Dreikomponentenproteinpulver 124
  • (Laktalbumin, Milchprotein, Eialbumin) 
  • Laktalbumin 104
  • Vollei 100
  • Rindfleisch 96
  • Fisch 94
  • Milch 88
  • Käse 85
  • Sojaprotein 76 
Vergleicht man diese Werte mit der biologischen Wertigkeit von Sojaprotein, so schneidet letzteres leider nicht sehr gut ab. Sojaprotein besitzt lediglich die biologische Wertigkeit von 76. Die Umwandlungsrate von Sojaprotein zu Muskelgewebe ist dem zu Folge nicht sehr groß und liegt deutlich unter der, des Laktalbumins. Ein weiterer negativer Aspekt bei Sojaprotein ist, dass diese pflanzliche Proteinsorte die sulfurhaltige Aminosäure Methionin vermissen lässt. Methionin ist jedoch für die Proteinsynthese, das Immunsystem sowie für die körpereigene Bildung von Glutathion absolut notwendig. Ebenfalls muss bei Sojaprotein negativ bewertet werden, dass es sogenannte 'Anti-Nährstoffe' (Lektin und Anti-Proteasen) enthält, die die Verdauung und Aufnahme anderer Nährstoffe blockieren können. Lektine erschweren die Resorption von Nährstoffen über den Darm und Anti-Proteasen hemmen die Arbeit von proteinspaltenden Enzymen.

Der wohl schwerwiegendste Nachteil einer Sojaproteinzufuhr liegt sicherlich darin, dass Sojaprotein den körpereigenen Testosteronspiegel senkt. In einer klinischen Studie (Harbito RC, et al. 'Effects of replacing meat with soybean in the diet on sex hormone concentrations in healthy adult males.' Br J Nutr 2000 Oct; 84(4): 557-63) bei der männliche Probanden ihren Fleischkonsum durch Sojaprotein ersetzt bekamen, hat eine Reduzierung der körpereigenen Testosteronproduktion um 76 % ergeben.

Auch der Gehalt an freiem, ungebundenen und damit aktivem Testosteron im Blutkreislauf war bei der Sojagruppe deutlich niedriger als bei den Fleischessern. Und hier handelt es sich nicht um die Resultate einer Tierstudie, sondern um Ergebnisse bei gesunden, männlichen Erwachsenen.

Und wenn gerade über Soja gesprochen wird, sei angemerkt, dass Soja die am meisten gentechnisch veränderte Pflanze ist.

Da Testosteron das primäre muskelaufbauende Hormon des menschlichen Organismus ist, würde sich jeder Athlet ein mächtiges Eigentor schießen, wenn er durch eine falsche Nahrungsauswahl seinen Testosteronspiegel quasi absichtlich in den Keller fährt.

Ein weiteres Problem einer sojaproteinhaltigen Diät ist, dass Sojaprotein reich an östrogenhaltigen Substanzen (Phytoöstrogene) ist. Insbesondere die beiden Isoflavonoide Genistein und Diadzein in Sojaprotein haben eine hohe Affinität zum Östrogenrezeptor und entfalten eine östrogene Wirkung im Körper.

Mancher Sojaproteinbefürworter wird nun an dieser Stelle behaupten, dass die Östrogenwirkung dieser Substanzen extrem schwach ist und dass die, durch Genistein und Diadzein bereits belegten Östrogenrezeptoren davon abgehalten werden, mit anderen, weitaus stärkeren Östrogenmolekülen eine wirksame Verbindung einzugehen. Nicht selten sprechen Sojaproteinanhänger hier sogar von der antiöstrogenen Wirkung des Sojaproteins. Diese Hypothese macht jedoch allenfalls bei Frauen Sinn, die von Natur aus einen weit höheren Östrogenspiegel haben als Männer. Hier könnte Sojaprotein eventuell hilfreich sein, stärkere Östrogenverbindungen auszubremsen. Der männliche Organismus verfügt hingegen über einen hohen Testosteronspiegel bei nur minimalem Östrogenvorkommen. Der Körper eines Mannes reagiert hier selbst auf die verhältnismäßig schwachen Phytoöstrogene des Sojaproteins extrem sensibel. Die Folgen können vermehrte Fett- und Wasserspeicherung, mögliche Verweiblichungserscheinungen an der männlichen Brust sowie eine Reduzierung der Testosteronproduktion sein. Vergessen wir nicht, Östrogene hemmen die Testosteronproduktion beim Mann.

Athleten, die Prohormone einnehmen tun sich mit einer Sojaproteinzufuhr ebenfalls keinen Gefallen. Das im Sojaprotein enthaltene und bereits angesprochene Isoflavonoid Genistein erschwert die enzymatische Konvertierung von 4-Androstendiol zu Testosteron, da es die Effektivität des Enzyms 3-Beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenat verringert.

Natürlich hat Soja auch positive Wirkungen.

Einer der Hauptvorteile von Sojaprotein liegt darin, dass die enthaltenen Phytoöstrogene den Cholesterinspiegel und die Triglyzeridwerte im Körper zu senken vermögen.

Für die Gesundheit mag dies ein Vorteil sein, einen positiven Einfluss auf das Muskelwachstum lässt sich daraus leider nicht direkt ableiten.

Weiterhin erhöht Sojaprotein die körpereigene Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen. Fest steht, dass Sojaprotein zu einem erhöhtem Gehalt der beiden Schilddrüsenhormone T3 und T4 sowie des schilddrüsenhormonstimulierenden Hormons TSH führt. Ein Umstand, der hinsichtlich der Verbrennung von Körperfett positiv zu bewerten ist. Zu beachten ist jedoch das Wechselspiel, dass die östrogene Wirkung von Sojaprotein speziell beim Mann den fettabbauenden Effekt einer vermehrten Schilddrüsenhormonmenge wieder teilweise zu nichte machen kann. Ein weiterer Punkt, der für Sojaprotein spricht, ist, dass die Sojabohne sehr ballaststoffreich ist und somit den Verdauungsorganen Arbeit abnimmt.

Das für Athleten wohl am positivsten einzustufende Merkmal einer Sojaproteinzufuhr findet man in der Tatsache, dass das, mit modernen Verfahren aus der Sojabohne extrahierte Sojaproteinisolat, reich an BCAA's, Glutamin und Arginin ist. Bei einem qualitativ hochwertigen Sojaproteinisolat machen die BCAA's Leucin, Isoleucin, Valin sowie die beiden Aminosäuren Glutamin und Arginin zusammen fast 40 % des Gesamtproteingehalts aus. Sowohl die BCAA's als auch Glutamin sind für den Muskelaufbau wichtig und eine möglichst hohe Zufuhr ist für das Erlangen einer anabolen Stoffwechsellage in der Muskelzelle wünschenswert. Hier kann sich das Sojaprotein durchaus mit dem Milchproteincaseinat messen.

Dies zumal man den Sojaproteinherstellern zu Gute halten muss, dass sie vermehrt dazu übergehen, dem Sojaproteinisolat die wichtige sulfurhaltige Aminosäure Methionin zuzusetzen. Ein gutes Sojaproteinprodukt enthält diese Aminosäure heutzutage. Weiterhin ist es einer Reihe von Sojaproteinherstellern gelungen, das Vorkommen der Anti-Nährstoffe wie z.B. Lektin und Anti-Proteasen durch einen innovativen Herstellungsprozess zu minimieren.

Wenn man die ausgeführten Fakten über Sojaprotein bewertet, so kann man objektiv zu folgendem Fazit kommen:

Männliche Athleten sollten auf jeden Fall komplett die Finger von allen Sojaproteinpräparaten lassen. Die Gefahr einer signifikanten Drosselung der körpereigenen Testosteronproduktion kann durch die positiven Merkmale des Sojaproteins, wie hoher BCAA- und Glutamingehalt nicht aufgehoben werden.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer leichten Verweiblichung der Brust bei männlichen Athleten, hervorgerufen durch die Phytoöstrogene. Des weiteren zwingt die relativ niedrige biologische Wertigkeit des Sojaproteins den Athleten automatisch zu einem höheren Proteinkonsum, um so die qualitativ schlechte Verwertung durch mehr Quantität wett zu machen. Hier sind herkömmliche Laktalbumin/Milchproteinkonzentrate dem Sojaprotein weit überlegen. Insbesondere Athleten in einer Diätphase sollten einen großen Bogen um Sojaprotein machen, da es in der Diät darauf ankommt, mit möglichst qualitativ hochwertigen Proteinträgern einem möglichen Verlust an Muskelmasse vorzubeugen. Sojaprotein erfüllt dieses Kriterium definitiv nicht.

Auch sollte derjenige der Prohormone nimmt, die Finger von Sojaprotein zu lassen, da dies wie geschildert die Umwandlung des wirksamsten Einzelprohormons 4-Androstendiol zu Testosteron beeinträchtigt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Sojaprotein auch die Wirksamkeit anderer Prohormone beeinträchtigt.

Wer kann dann überhaupt Sojaprotein nehmen? Für zwei Personengruppen könnte Sojaprotein vermutlich Vorteile bringen, wenn es der Ernährung in Maßen (10-20 g Sojaproteinisolat pro Tag) zugesetzt wird. Zum einen sprechen wir hier von Frauen, die von Natur aus einen hohen Östrogenspiegel besitzen bzw. die die östrogenhaltige Anti-Babypille einsetzen. Hier könnte Sojaprotein stärkere Östrogenverbindungen blockieren und so beim Abnehmen hilfreich sein, insbesondere wenn die Person gleichzeitig eine kalorienreduzierte Diät durchführt, da hier die schilddrüsenhormon-stimulierende Wirkung von Sojaprotein einer, aufgrund der Diät provozierten körpereigenen Drosselung der Schilddrüsenhormonproduktion etwas entgegen zu wirken vermag.

Die zweite Personengruppe, denen Sojaprotein eventuell helfen könnte, sind Athleten, die stark aromatisierende Steroide wie z.B. die injizierbaren Testosteronester oder Dianabol bzw. Anapolon verwenden. Hier könnte wiederum die schwache anti-östrogene Wirkung des Sojaproteins, das, durch den Konvertierungsprozeß der Steroide entstandene Östrogen teilweise in seiner Effektivität mindern. Wenn man sich dazu noch vor Augen hält, dass Steroidkonsumenten häufig einen erhöhten Cholesterinspiegel aufweisen, so ist der Verzehr einer kleinen Menge Sojaproteins sicherlich ein Versuch wert. Da Steroide ohnehin die körpereigene Testosteronproduktion deutlich reduzieren, spielt hier die potentielle testosteronunterdrückende Wirkung von Sojaprotein nur eine untergeordnete Rolle.

Abschließend kann gesagt werden, dass es unter dem Gesichtspunkt der Kraftentwicklung töricht wäre von Milchprodukten bzw. Proteinpulverpräparaten bestehend aus Laktalbumin und Milchproteincaseinat Abstand zu nehmen und dafür auf Sojaprotein überzuschwenken. Der Aufbau von Muskelgewebe wird dadurch sicherlich erschwert und verlangsamt. Allenfalls Steroidkonsumenten sowie Frauen können mit einer kleinen Sojaproteinmenge experimentieren. Jedoch sollte auch hier die Proteinhauptzufuhr über tierische Lebensmittel erfolgen. Wer von letzteren beiden Personengruppen Sojaprotein einmal ausprobieren möchte und sichergehen will, dass er kein genmanipuliertes Sojaprotein auf seinem Speiseplan vorfindet, sollte sich vom Vertreiber bzw. Hersteller garantieren lassen, dass dem nicht so ist. Das gilt insbesondere für den Erwerb von Sojaproteinpulver.